Schleudertrauma nach Autounfall - Was ich für meine Gesundheit & meine Faszien gemacht habe
Schleudertrauma - Meine Faszien und mein Nervensystem werden einmal durchgerüttelt
Und plötzlich - Autounfall, Schleudertrauma. Wenige Sekunden, ein Moment kann alles ändern.
Ein Schleudertrauma trifft dich meist plötzlich, ohne Ankündigung. Dein Körper, deine Faszien und dein Nervensystem können sich nicht auf die kommende Gefahr vorbereiten, sie reagieren nur.
Die Gefahr von Schädigung der Faszien, von größeren Schädigung des Körpers, der Psyche und natürlich liegt auch die Bedrohung durch Lebensgefahr in der Luft.
Sekunden fühlen sich wie Minuten an. Der Körper ist im Stress. Denn bevor es zum Aufprall kommt und ein Schleudertrauma auftritt, reagiert der Körper schon mit unterschiedlichen Mechanismen.
Was passiert vor dem Schleudertrauma im Körper - wenn die Gefahr droht
Wenn dein Gehirn die Information verarbeitet hat, dass es jetzt um “Gefahr” geht, schüttet dein Körper hohe Dosen an Stresshormonen, u.a. Adrenalin und Cortisol aus. Die Folgen:
der Herzschlag & Blutdruck steigen
die Atemfrequenz erhöht sich
die Pupillen werden weit gestellt
die Milz sorgt für einen erhöhten Transport von roten Blutkörperchen, wodurch die Muskeln vermehrt mit Sauerstoff versorgt werden
die Muskulatur wird vermehrt durchblutet, da sich die Gefäße weiten
die Leber produziert mehr Blutzucker, die Freisetzung sorgt dafür, dass die Muskelzellen besser versorgt werden
der Muskeltonus steigt, was z.B. zu Verspannungen und/oder Zittern führen kann
Botenstoffe werden freigesetzt, die die Immunabwehr ankurbeln
die Blutgerinnung wird gesteigert, damit es nicht zu einem erhöhten Blutverlust kommt - falls offene Wunden entstehen
die Faszien werden durch die Aktivierung der Stresshormone - unabhängig von der Muskelaktivität - auf Spannung gebracht
In dem Artikel Wie erkennst du, dass du verklebte Faszien hast? erfährst du weitere Informationen zu den Faszien.
Zur Energieeinsparung werden die Verdauungs- und Sexualfunktion herunter reguliert
Die Mechanismen im Gehirn und Körper laufen noch immer so wie damals ab, als der Steinzeitmensch die Gefahr von einem Sebelzahntiger witterte und in Lebensgefahr vor ihm flüchtete.
Warum es so wichtig ist, über das Thema Autounfall & “Schleudertrauma” zu schreiben
Ich habe lange überlegt, ob ich über das Thema schreiben soll. Zu persönlich, zu privat? Will ich darüber noch einmal schreiben? Wieso “noch einmal” fragt ihr euch?
Die Antwort: Ich habe die Erlebnisse bereits in mein Buch geschrieben, was mir sehr gut tat. Mein Buch ist einfach ein Buch, in das ich Notizen schreibe. Ich nenne es extra nicht Tagebuch, da ich einfach nicht jeden Tag hinein schreibe. Immer nur dann, wenn mir danach ist.
Ich habe mich nun dafür entschieden, diesen Artikel hier für dich zu veröffentlichen. Denn…
in erster Linie möchte ich meine Erfahrungen und Gedanken mit dir teilen wie es mir mit dem Thema “Schleudertrauma” ging, welche Symptome ich hatte und was ich gemacht habe, um Linderung zu bekommen.
Denn vielleicht kennst du auch jmd., der/die auch einen Unfall hat oder du hattest (gerade) einen - was ich natürlich alles nicht hoffe.
Ich hoffe aber, dass ich mit dem Text dich unterstützen, für Verständnis sorgen und im Laufe der Heilung Mut machen kann.
Und zwar aus Sicht einer Betroffenen und aus meinen Erfahrungen als Sport- und Gymnastikleher:in & Physiotherapeutin.
Ich möchte authentisch sein. Nicht immer ist alles tutti bene! Ich war noch nie eine Freundin von dem Satz: Good vibes only!
Vor allem möchte ich darstellen, was bei so einem Unfall auf körperlicher und psychischer Ebene und mit unseren Faszien passieren kann - um aufzuklären.
Ich habe noch einmal mehr über meinen Körper, meine Faszien, meine Psyche und das deutsche Gesundheitssystem ;) gelernt. Vieles, was ich schon wusste, hat sich bestätigt.
Leider habe ich erneut schlechte Erfahrungen mit zwei D-Ärzten (Durchgangs-Ärzten) gesammelt, wodurch ich mich nicht entmutigen lassen habe, auch wenn ich zunächst wütend war (auch nur kurz - denn es ist es nicht wert).
Dafür durfte ich zunächst gute Erfahrungen mit Physiotherapeut:innen machen. Das tut so gut, denn ich weiß, dass da draußen nicht nur sehr motivierte und fokussierte Physios herumlaufen. Was auf jeden Fall diverse Gründe hat. Im Verlauf des "Schleudertraumas” hätte ich mir von den Physiotherapeuten mehr Unterstützung gewünscht.
Der Autounfall, das Schleudertrauma - Was ist genau passiert?
Freitag, der 17. Dezember 2021 ... 9 Kilometer Stau vor dem Elbtunnel … ich komme aus Hannover ... möchte nach einer Firmenreise nur nach Hause ... das Wochenende ist in Sicht ... die letzten Arbeitstage für dieses Jahr stehen vor der Tür ... laut Navi sind es für die letzten Kilometer knapp zwei Stunden... ein LKW hat sich auf die Seite gelegt... ich überlege wie ich den Stau umfahren kann ... meine Blase drückt ... ich entschied mich, die Ausfahrt Hafen/Finkenwerder zu nehmen ... ich fahre auf eine dreispurige Straße und bleibe auf der rechten Spur... ein LKW fährt auf der mittleren Spur ... und dann geschieht es ...
Plötzlich .. in der Sekunde ... in dem Moment ...
Es Knallt, der Unfall, …Schleudertrauma
Der rote LKW-Fahrer zieht einfach von der mittleren Spur rüber auf meine Spur & rammt meine komplette Fahrerseite...
Ich merke, dass ich nicht mehr entweichen kann, fürs Abbremsen ist es zu spät, bei zu viel Speed würde ich die Kontrolle über das Auto verlieren, ich gebe noch ein wenig Gas und dann der Knall … was folgt… Blackout.
und plötzlich falsch herum auf der FahrBahn
Mein Wagen hat sich gedreht, das ist offensichtlich. Ob es einmal oder mehrmals war, ich weiß es nicht. Mein Körper hat mich geschützt und mir einen Blackout verpasst.
Mein Auto steht auf der mittleren Spur entgegen der Fahrtrichtung. Der LKW auf meiner Spur in Fahrtrichtung.
Ich steige schnell aus dem Auto aus, kann es nicht fassen, bin im Schock. Ein Zeuge steigt aus seinem Auto aus und kommt auf mich zugelaufen. Nur seine Anwesenheit beruhigt mich. Er möchte mit seiner Familie in den Weihnachtsurlaub fahren. Der LKW-Fahrer kommt langsam aus seinem Fahrer-Cockpit. Er fragt nur kurz: „OK?“
In dem Moment erwiderte ich nur: OK! Im Nachhinein war es klar, dass ich keinen Schmerz gespürt habe, denn mein ganzer Körper wurde durchströmt mit ner riesigen Menge Adrenalin.
Die Polizei & ein Krankenwagen kommen
Die Polizei kommt, da der Zeuge die Polizei gerufen hat. Der Zeuge, der LKW-Fahrer und ich sperren die Unfallstelle ab. Wir sind alle nur am Funktionieren.
Der eine Polizist fährt mein Auto unter die Köhlbrandbrücke in eine Parknische. Der andere Polizist und ich fuhren im Polizeiwagen hinterher, der LKW folgte uns. Der LKW-Fahrer wird vernommen. Es wird noch vor Ort die 100%ige Schuldfähigkeit des LKW-Fahrers festgestellt. Die Polizisten und der Zeuge bestätigen dies.
Der Krankenwagen ist auf dem Weg. Ich merke immer mehr, dass mein Rücken und mein Nacken weh tun. Es folgt die Aufnahme im Krankenhaus, Checks und dann die Entlassung.
Mein Freund holt mich ab. Ich bin froh, das Krankenhaus zu verlassen, dankbar, dass ich lebe und trotzdem in einer Art Schockzustand. Ich kann es alles nicht wirklich realisieren. Es ist wohl noch zu früh.
Viel Bürokratie folgt. Arztbesuche, Krankenkassen-Anrufe, Abwicklung des Abschleppers, Kommunikation mit dem Leihwagen, der Werkstatt und der Leasing-Gesellschaft. Leider! Ich finde, dass dies oft hinderlich am Genesungsprozess ist.
Die nächsten Tage sind geprägt von dollen Kopf-, Nacken und Rückenschmerzen. Ich dachte nur, das sind jetzt die klassischen Symptome einer HWS Distorsion/eines “Schleudertraumas.
So wie die Ärztin im Krankenhaus es mir prophezeit hat. Trotzdem kreuzte sie in ihrem Bericht „arbeitsfähig an“, was mich im Nachhinein stark ärgerte.
Diagnose HWS-Distorsion / Schleudertrauma
Das Einzige, wonach ich nach dem Unfall strebte, ist Ruhe und Schmerzlinderung.
Ich möchte euch meine Tipps und Erfahrungen weitergeben, wie ich mit meinem „Schleudertrauma“ / HWS-Distorsion in der ersten Zeit umgegangen bin.
Für mich war es noch einmal wichtig, mich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen, um auf kognitiver Ebene zu verstehen, was passiert ist und wie der Verlauf ist. Ich würde behaupten, dass das auch einen sehr positiven Effekt für meine Genesung hatte.
Am folgenden Dienstag nach dem Unfalltag bin ich dann zu einem D-Arzt gegangen. Leider hatte ich in der Vergangenheit nicht wirklich gute Erfahrungen mit D-Ärzten, wie schon erwähnt. Dementsprechend war ich nicht wirklich optimistisch - bezogen auf die Befundaufnahme und Behandlung.
Innerlich versuchte ich mir - in den viel zu engen Praxisfluren und der absolut überholten Einrichtung - immer wieder positive Gedankengänge einzutrichtern und mich quasi selber zu überreden, dass die Ärzte es sicher drauf haben und eine ganzheitliche Betrachtungsweise ansetzen.
Nach einer kurzen Frage, was passiert ist und so gut wie keiner körperlichen Befunderhebung, war die “Untersuchung” abgeschlossen. Die Aussage folgte: “ Wir behandeln Schleudertraumata immer hochdosiert mit Ibu und Muskelrelaxantien”, ich sollte in den folgenden Wochen jeweils eine Ibu (600er) und eine Muskelrelaxantien pro Abend und Nacht nehmen.
Auf Nachfrage, ob er mir eine Verordnung für Manuelle Therapie ausstellen könne, sagte er nur, dass es zu dieser Zeit, kurz vor Weihnachten, wohl keine Termine mehr gebe und er dazu eh nicht rät.
Nach fünf Minuten im Behandlungsraum, einem innerlichen Kopfschütteln - äußerlich war wegen dem Unfall noch nicht möglich ;), einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und den Rezepten für die Medikamente verließ ich die Praxis.
WAS IST EIN Beschleunigungstrauma /SCHLEUDERTRAUMA / EINE HWS-DISTORSION nach einem Unfall?
Wenn man im Internet googlet und nach dem Begriff “Schleudertrauma” recherchiert gibt es von simplen Textpassagen zu verunsichernden, gruseligen Texten recht viel - auch auf wissenschaftlich basierten Webseiten.
Grundsätzlich gilt, es ist erstmal eine durch ein plötzliches Vor- und anschließendes Zurückfedern des Kopfes verursachte Verletzung von Schädel, Gehirn und Halswirbelsäule (HWS).
Schleu|der|trau|ma 〈n.; –s, –men od. –ma|ta; Med.〉 durch Vorschleudern u. anschließendes Zurückfedern des Kopfes (bes. bei Autounfällen) verursachte Verletzung von Schädel, Gehirn u. Halswirbelsäule, die chronische Kopf– u. Nackenschmerzen, Schwindel u. a. verursachen kann.
Laut DGN (medizinisch-wissenschaftlichen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie) gehen 90-95% aller Beschleunigungstraumata der Halswirbelsäule mit leichten bis mäßigen Symptomen einher, wobei hier auch die leichteren Verläufe vordergründig sind.
Studien rund um Castro et al. zeigten, dass 20% aller Betroffenen sich bei einem fiktiven Unfall über Beschwerden äußerten, obwohl keine relevanten biochemischen Verletzungen vorlagen.
McLean et al., Sterling et al. beschreiben, dass es zu einseitig ist, rein auf die biomechanischen Faktoren zu schauen, sie können nicht das Ausmaß und die Dauer der Beschwerden beschreiben. Es braucht ein biopsychosoziales Konzept.
Mögliche Symptome bei einem Schleudertrauma
Kopf- und Nackenschmerzen
Schmerzen in unterschiedlichen Körperregionen
muskuläre Verhärtungen
fasziale “Verklebungen”
Überdehnung von Bändern und Sehnen
vegetative Begleiterscheinungen
sensorische Überempfindlichkeit
Konzentrations- und Gedächtnisstörungen
Hörstörungen
Schwindel
Tinnitus
Dysphagie
Schmerzen in den Kiefergelenken und anderen Gelenken
nervale Läsionen
Psychische Beschwerden (häufig sind schon vorher psychologische Faktoren vorliegend)
Diese Liste dient nur als Orientierung, ist nicht vollständig, es muss nicht zu Beschwerden kommen oder nur wenige Symptome können auftreten.
Zunächst stellt sich häufig nach einigen Stunden ein muskelkaterartiges Gefühl im Bereich Nacken und Schultergürtel ein, was meist über Tage oder Wochen bleibt. Ein Gefühl von “Nackensteife” entsteht, da das Gewebe der Faszien und Muskeln ruckartig belastet und geschädigt wurde. Unser Wunderwerk “Körper” löst direkt Gewebereaktionen aus, die die Entzündungen und Schädigungen reparieren (DGN).
Je nachdem wie der Auffahrunfall war, ist die Wahrscheinlichkeit, dass dein Körper in unterschiedliche Richtungen geschleudert wird hoch. Erfahrene Manualtherapeuten können über eine ausführliche Anamnese erfragen und bei der körperlichen Untersuchung ertasten und sehen, welche Bewegungen eingeschränkt sind. Mit der Zeit wirst du immer mehr ins Gefühl kommen und selbst spüren, welche Bewegung noch eingeschränkt ist.
WAS MACHE ICH BEI EINEM SCHLEUDERTRAUMA / EINEr HWS-DISTORSION?
Das biopsychosoziale Konzept habe ich schon damals bei meiner Ausbildung zur Manualtherapeutin kennengelernt und finde diese Herangehensweise wunderbar.
BIO initiale Schmerzstärke
PSYCHO subjektive Erleben des Unfalls
SOZIAL soziale Verstärkersysteme (z.B. Kompensationszahlungen) & Aktivierung des stressverarbeitenden Systems (Kongsted et al.)
1. Höre auf deinen Körper!
Dein Körper sagt dir, was er braucht. Höre genau hin! Es ist wichtig den Unfall und damit den Schock auf körperlicher, psychischer und emotionaler Ebene ernst zu nehmen.
2. Gönne dir Ruhe und viel Schlaf
Nicht nur dein Körper, auch deine Psyche und dein Geist brauchen Ruhe. Das Geschehene muss „verdaut“ werden. Es sind ganz viele Reparaturprozesse im Körper aktiv. Mein Physiotherapeut sagte, dass jetzt ganz viele kleine Feuerwehrmänner und -frauen, Ärzt:innen und Pfeger:innen gleichzeitig in meinem Körper und in meinen Faszien arbeiten. Ich liebe bildliche Metaphern, diese fand ich besonders entzückend.
Vertraue auch auf den Spruch von deiner Oma “Schlafen ist die beste Medizin”. Gönne dir zwischendurch Naps.
Vermeide Stress! Ein erhöhter Stresspegel, der anhaltend ist sowie Ängste vor Schmerzen können dazu führen, dass das Heilungsklima nicht optimal ist und das Risiko besteht, dass sich die Beschwerden chronisch werden (Mc.Lean et al.).
3. Sei dir bewusst über einen mehrwöchigen Heilungsverlauf
Stelle dich darauf ein, dass dein Heilungsverlauf mehrere Wochen sein kann, bei mir waren es sechs Wochen. Nach den sechs Wochen war nicht komplett der Prozess beendet - aber ich fühlte mich deutlich besser! Selbst heute, einige Monate danach, arbeitet mein System immer noch damit, wenn z.B. ein LKW neben mir auf der Autobahn ist und schon blinkt, obwohl ich noch auf dieser Fahrbahn bin. Ein lauter Knall an Silvester hat mich auch kurzzeitig in eine Emotion gebracht und mir einen Trigger geschickt.
Das sind aber alles Themen, mit denen ich im Alltag umgehen kann, da ich sie einordnen kann und merke dass mein Körper, mein Geist und meine Seele immer noch in der Verarbeitung sind, was für mich völlig ok ist.
Eine fundierte, umfangreiche kanadische Studie zeigt, dass 50% der Probanden bei einer HWS-Distorsion mit dem Schweregrad QTF I-III innerhalb von 32 Tagen beschwerdefrei waren, nur 12 % waren nach sechs Monaten noch nicht wieder beschwerdefrei (DGN). Ein prognostisch günstigen Verlauf zeigte sich bei jüngeren Männern, die nach 17 Tagen beschwerdefrei waren. Anders war es bei älteren Frauen, hier waren es ganze 262 Tage (Suissa et al.)
4. Denke an deine Faszien & betrachte deinen Körper ganzheitlich
Bedenke, dass nicht immer nur dort “Schäden” sind, wo der Schmerz empfunden wird.
Durch den Aufprall wird an viele Strukturen gezogen und gezerrt. Natürlich auch an den Faszien. Wie in den anderen Blogartikeln zu dem Thema Faszien beschrieben, sind Faszien wie ein großes Netzwerk, das durch den gesamten Körper zieht. Die Strukturen “kommunizieren” untereinander. Sie umhüllen auch die Organe.
Nach der HWS-Distorsion/ “Schleudertrauma” fühlen sich meine Faszien sehr verklebt, verbacken, fast entzündlich an.
5. Versorge deinen Körper mit ausreichend Wärme
Wärmflaschen sind super. Ich hab oft gleich zwei gleichzeitig genutzt.
Wie eben zu den Faszien beschrieben, sind Faszien überall im Körper. Viele Faszien sind auch an der Wirbelsäule und führen zur Körpervorderseite und den Organen. Ich finde es da gut ein Sandwich mit den Wärmflaschen zu gestalten:
Auf Höhe der Halswirbelsäule und den oberen Brustkorb
und dann auf Höhe der Brustwirbelsäule und im Bauch-Bereich.
6. Fange an mit leichten Bewegungsübungen
Ruhe ist wunderbar, aber verbinde die Ruhe mit leichten Bewegungsübungen. Also, komm hoch vom Sofa und beweg dich. Achte sowieso darauf, dass du dich nicht verkrampfst, versuche locker zu lassen und nicht aus Angst, die Halswirbelsäule fest machen.
Fange also an mit leichten Bewegungsübungen, um deine „geschundenen, verklebten” Faszien und Muskeln zu aktivieren und gleichzeitig zu entspannen, um dein Nervensystem zu regulieren.
Ich habe dir dazu kleine Videos bei Youtube hochgeladen.
7. Vielleicht ist ja Yin Yoga etwas für dich?
Für mich hat sich YinYoga, bei dem die Faszien in der Tiefe gedehnt werden, bewehrt. Nach den über einige Minuten gehaltenen Asanas gehst du entspannt und gefühlt ein “wenig high” aus der Session.
Damit hat man optimale Voraussetzungen, das Nervensystem nach dem Unfall zu beruhigen. Das Video von Mady Morrison habe ich jeden Morgen gemacht. Damit sich der Geist beruhigt, habe ich es tatsächlich jeden Morgen nach dem Aufstehen geschaut. Nach einer Zeit habe ich den Ton leise gestellt und eigene Musik hinzugefügt und nach einer Weile habe ich Elemente verändert. Wenn du in Berlin bist, empfehlen wir die Live Sessions von Pia.
Heute wechsele ich wieder die Einheiten oder mache eigene - meist dreidimensionale Faszienübungen. Auf unserem Youtube-Kanal kannst du schon einmal ein paar Einblicke erhalten.
8. Trinke ausreichend
Somit werden Stoffwechselendprodukte schneller aus deinem Körper gespült. Ich setze da auf Wasser ohne Kohlensäure (nicht gekühlt) und unterschiedliche Tees (hauptsächlich Brennessel oder frischen Minz-Tee)
9. Sorge für eine gesunde Ernährung
Dein Körper ist mit diversen Reparatur-Prozessen beschäftigt. Ungesundes Essen belastet den Körper nur unnötig. Also unterstütze ihn durch gesundes, ausgewogenes Essen.
10. Supplements können dich im Prozess unterstützen
Viele Lebensmittel habe nicht mehr so viele Nährstoffe wie vor einigen Jahren. Ich nehme deshalb täglich einige Supplements. Die wichtigsten meiner Meinung:
Vitamin D
Vitamin B12
Omega 3
Zink
Magnesium
Lasse vorher dein Blut checken - was du genau benötigst und in welcher Dosis.
11. Bewege dich mehr und mehr – aber mit Bedacht
Welche Sportart oder Bewegungsübungen liebst du? Mach das, worauf du Lust hast, wenn es auch gut für deine Halswirbelsäule und Rücken ist.
Ich empfehle leichte Faszien-Übungen. In dem Artikel 3D-Faszien-Training- You will love it! stelle ich dir das Faszientraining vor, was ich unterrichte. Dies hat primär nichts mit den Faszienrollen zu tun.
Yin-Yoga und NIA sind auch super. Das sind alles Bewegungsformen, mit denen du deine geschundene Faszien und Muskeln aktivieren/entspannen und dein Nervensystem beruhigen kannst.
Faszien-Übungen stelle ich auch auf unseren Social Media-Kanälen vor. Yin Yoga habe ich oben schon beschrieben. NIA bedeutet N = neuromuskuläre I integrative A Action. Hier werden Elemente aus Kampfsport, Tanz und Körperwahrnehmung verbunden. Es gibt kleine Bewegungskombinationen, die nicht zu komplex sind und einige freie Elemente. Dazu gibt es unterschiedlichste Bewegungsstile.
12. Leichte Ausstreichungen/Massagen
können so wohltuend sein. Dadurch dass meine Faszien sich so “verklebt” angefühlt haben, waren Faszien in Kombination mit einer heißen Rolle so gut! Nach jeder Massage haben sich meist die Kopfschmerzen gelindert.
Für eine heiße Rolle wird ein Handtuch der Länge nach gefaltet und dann zu einem Trichter gerollt. Dann wird heißes Wasser hinein gegossen und dann langsam getupft, um die Faszien und Muskeln schon einmal auf die Massage vorzubereiten und eine Mehrdurchblutung zu schaffen.
13. Manuelle Therapie
Häufig kommt es bei einer HWS-Distorsion nach einem Autounfall neben starken Verspannungen der Muskulatur auch zu Blockaden der Wirbel. Manuelle Therapie von ausgebildeten Manualtherapeuten sind deshalb essentiell.
14. Medikamente
Ich nehme an sich kaum Medikamente ein. Ich gehe nach dem Prinzip: “So viel wie notwendig, so wenig wie möglich einnehmen” vor.
Medikamente, die Schmerzen lindern und die, die den Muskeltonus entspannen können im Heilungsverlauf helfen.
15. Habe Geduld und verliere nicht dein Selbstvertrauen
Heilung braucht so viel Zeit wie sie braucht. Ich bin nicht die aller Geduldigste. Zwar habe ich es zu Anfang akzeptiert, es blieb mir auch nichts anderes übrig, denn mir ging es nicht gut. Nach einigen Wochen hatte ich jedoch die Momente, an denen ich sehr ungeduldig war, besonders weil ich starke Kopfschmerzen hatte.
Ich habe wieder einmal neu gelernt, dass der Körper uns nicht umsonst diese Signale sendet und uns lenkt. Dagegen wehren bringt nichts, es geht um annehmen und anerkennen und dementsprechend handeln.
Sei glücklich über die kleinen Schritte, die sich in die positive Richtung entwickeln. Bleib optimistisch. Es kann bis zu einigen Monaten oder sogar noch länger dauern bis eine leichte bis mittelschwere HWS-Distorion durch einen Unfall ohne Symptome ist. Nur bei schwereren Fällen, können immer Symptome bestehen bleiben.
Ein chronischer Verlauf ist meist bei Betroffenen zu ersehen, die bereits vor dem Unfall ihren eigenen Gesundheitszustand als nicht zufriedenstellend beurteilt haben (verschiedene körperliche Beschwerden, diverse Schmerzen, Ängste, häufig verschiedene Medikamente einnehmen) (Myrtveit et al.).
Schaffe dir das allerbeste Heilungsklima auf BIO-PSYCHO-SOZIALER EBENE!
16. Selbstwirksamkeit
Wenn die Beschwerden akut sind, die Faszien sich verklebt anfühlen und die Muskulatur fest ist, macht es natürlich Sinn, sich von extern Unterstützung zu holen (Physiotherapeut:innen, Masseur:innen) oder dein:e Partnerin hilft durch einige Anwendungen.
Wichtig ist es jedoch, dass du einige Übungen, Tipps und Tricks kennst, womit du dir selbst helfen kannst und deine Selbstwirksamkeit förderst.
Wikipedia: “Selbstwirksamkeitserwartung (SWE) bezeichnet das Vertrauen einer Person, aufgrund eigener Kompetenzen gewünschte Handlungen auch in Extremsituationen erfolgreich selbst ausführen zu können.”
Sprich deine:n Physiotherapeut:in darauf an, wenn sie/er es nicht tut. Frage nach Übungen, die du selbst ausführen kannst. Prüfe dann, ob sie dir gut tun oder nicht und wenn ja, wende sie regelmäßig an.
Somit wird deine Heilung schneller und nachhaltiger erreicht.
17. Trauma-Psychotherapie
Solltest du nicht zur Ruhe kommen, kannst du nicht schlafen oder geht der Film vom Unfall immer wieder durch deinen Kopf. Egal was es ist, wenn du psychologische Unterstützung benötigst, hol sie dir. Es gibt spezielle Psychotherapeut:innen, die in einer Traumatherapie ausgebildet sind.
Wenn du wissen möchtest, warum mich das 3D-Faszientraining so gepackt hat und ich dies seit Jahren unterrichte und immer wieder neue Fascetten integriere, dann hüpfe zu dem Beitrag Wie bin ich zu den Faszien gekommen?
Therapie bei Schleudertrauma aus aktueller ärztlicher Sicht
Die DGN hat diverse Quellen zur Therapie zusammengefasst und gibt folgende Empfehlungen:
fast immer konservativ
evtl. einige Tage immobilisierend (ich würde darauf achte, leichte Bewegungen zu machen. Versuche, nicht zu verspannen), dann aktivierend mit eigenen Übungen für Betroffene
Halskrausen/Schanz-Kragen sollten nicht getragen werden (Ausnahme: massiver Schmerz), Gefahr der Chronifizierung besteht beim Tragen
ausreichende, befristete (meist nicht länger als 4 Wochen) Schmerzmittel (zu Anfang ist das Einnehmen schon wichtig, da die Medikamente den Heilungsprozess unterstützen und die Entzündungen lindern. Hier würde ich die genaue Dosierung mit dem Arzt besprechen. Jedes Medikament hat auch Nebenwirkungen. Teilweise müssen auch Präparate hinzu genommen werden, damit bspw. die Darmflora nicht zu sehr geschädigt wird)
bei Bedarf zusätzlich Muskelrelaxantien (nicht länger als 2 Wochen) (Ich hab die genommen und war gefühlt sofort high, hab sie dann direkt abgesetzt)
Zu Anfang: Kaltkompressen, später lokale Wärmebehandlungen und Massagen, Elektrotherapie
schonende aktive Bewegungs- und Lockerungsübungen
kognitive Schmerzbewältigungstherapie
Psychoeducation (psychische Führung) mit dem Hinweis auf eine fast immer günstige Prognose
Bei Risiko eines chronisches Verlaufes, Einschaltung von Ärzten für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie oder Psychiatrie und Psychotherapie
Krankschreibung nur kurzfristig (max. 3 Wochen), bei Bedarf länger
Externe Quellen, die ich für diesen Beitrag genutzt habe:
DGN Medizinisch wissenschaftliche Leitliniender Deutschen Gesellschaft für Neurologie e.V. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie, Beschleunigungstrauma der Halswirbelsäule, 2020
AWMF-Leitlinien- Leitlinien der Diagnostik und Therapie in der Neurologiewissenschaft.de
Castro WHM, MeyerSJ, Becke MER et al. No stress - no whiplash? 2001
McLean SA, Clauw DJ, Abelson JL et al. The development of persistant pain and psychological morbidity after motor vehicle collision, 2006Myrtveit SM, Wilhelmsen I, Petrie KJ, Skogen JC, Sivertsen B. What characterizes individuals developing chronic whiplash? 2013
Kongsted A, Bendix T, QueramaE et al. Acute stress response and recoverx after whiplash injuries, 2008
Suissa S, Harder S, Veilleux M. The relation between inititial symptoms and signs and the prognosis of whiplash, 2001